Warum der Opel-Deal von Magna völlig irreal ist.

Wenn ich das alles richtig verstanden habe, was sich in letzter Zeit um Opel abgespielt hat, läuft es so: General Motors macht Pleite, wegen grundsätzlich verfehlten Geschäftsmodells, und aus der Konkursmasse löst der deutsche Staat um 4,5 Milliarden Euro Steuergeld den Opel-Konzern heraus und verschenkt ihn an einen Lieferanten, im Konsortium mit einer russischen Bank, unter der ausdrücklichen Bedingung, genau *dieses* schief gegangene Geschäftsmodell unter keinen Umständen auch nur um ein Jota zu ändern.

Oder hab’ ich irgendein grundsätzliches Detail übersehen?

Ich schreibe jetzt seit einem Vierteljahrhundert über Autos, und seit meinen ersten Gehversuchen als Motorjournalist erzählt man mir von Überkapazitäten in der Industrie.

Will heißen, es könnten mehr Autos auf vorhandenen Fertigungsanlagen erzeugt als tatsächlich verkauft werden. Und weil die installierte, aber nie ausgenützte Kapazität Kapital bindet, sprich Kosten erzeugt, könnte man Autos deutlich billiger bauen, wenn man diese Überkapazitäten reduziert.

Industrieschnitt ist rund 20 Prozent, bei Opel dürfte die Überkapazität bei rund 50 Prozent liegen. Außerdem liegen die Opelwerke in Ländern wie Deutschland und Belgien und Spanien, lauter bekannten Billiglohnländern, während die Automärkte der Zukunft in Asien sind, wo man ja bekanntlich viel teurer Autos baut als in Bochum.

Ich mein’, sooo schiach sind Opelmodelle dann tatsächlich nicht, obwohl sie nie das Image des schnarcharschigen Spießers losgeworden sind („Opelfahrer mit Hut“, beliebig erweiterbar mit Klopapierrolle/Wackeldackel/Kommgutheimpolster). Egal, irgendwie hat es am Ende nicht gereicht, und jetzt ist man in der Konkursmasse. Und wütende Opelarbeiter hätten im deutschen Wahlkampf ein schlechtes Bild gemacht, also musste etwas unternommen werden.

Ach ja, neben Belgiern und Spaniern waren auch Reste der einst stolzen britischen Automobilindustrie in Form von Vauxhall beteiligt. Aber alles in allem war der Deal dann doch eine rein deutsche Sache, das schien von Anfang an klar. Jedenfalls haben jetzt auch wir Österreicher wieder was zum Sagen in Sachen Autos, was heimische Medien mit unverständlicher Euphorie füllte, und Tante Angela hat ein Sternderl mehr im Mitteilungsheft. So viele hat sie dort eh’ nicht.

Jetzt allerdings, wo Tante Angela anderweitig Sorgen hat mit dem neuen Onkel Guido, der nicht Englisch reden mag, kann man sich die Sache ja in Ruhe etwas näher anschauen. Und das kann richtig gruselig werden. Da fällt einem dann z.B. auf, dass in Wirklichkeit Tante Angela die einzige ist, die den Deal für formidabel hält, und das auch nur aus rein politischen Gründen. Alle – wirklich alle – anderen Beteiligten hielten und halten den Deal für schlecht. Und das will heissen, die Chancen stehen gut, dass Tante Angela gerade 4,5 Milliarden Steuergeld in den Sand gesetzt hat.

Ich meine: Selbst die beiden Vertreter der deutschen Bundesregierung im Aufsichtsrat der Opel-Übergangsverwaltung haben gegen den Deal gestimmt, einer von ihnen, Manfred Wennemer, begründete das lapidar: „Ich frage mich, wie Opel überleben will.“ Deutlicher kann man das nicht sagen, ohne unhöflich zu werden.

Kern des Deals ist: die deutsche Regierung gibt 4,5 Milliarden Euro Steuergeld, und Magna verpflichtet sich dafür, nicht einen Arbeitsplatz in Deutschland zu streichen. Die beiden anderen Bieter hatten das glattweg abgelehnt. Sergio Marchionne von Fiat sprach ganz im Gegenteil aus, was sich die ganze Branche denkt: Rund die Hälfte aller Arbeitnehmer bei Opel müssen gehen, sonst geht sich das nicht aus. Das hat dann schon gereicht, um ihn bei Tante Angela unten durch fallen zu lassen. Und der Finanzkonzern RHJ war ja nur ein Versuch, die Opelanteile irgendwo zu parken, bis ein wieder erstarkter GM-Konzern sie zurückkaufen kann. Auch dieser Plan wurde von Tante Angela rüde zurückgewiesen, die versprochenen 4,5 Milliarden gäbe es nur, ließ sie ausrichten, gegen die Arbeitsplatzgarantie. Und keinesfalls für GM selber, egal unter welchen Bedingungen, hieß es hinter den Kulissen.

Nun ist er durch, der Deal, und es werden immer absurdere Details bekannt. So haben sich die Vertreter der deutschen Regierung bei Kollegen in Belgien und Spanien erkundigt, ob man dort interessiert sei daran, für zukünftige Opel-Magna-Arbeitsplätze ein bisserl zu den 4,5 Milliarden Subvention beizutragen. Die Kollegen antworteten postwendend, gegen ähnliche Arbeitsplatzgarantien sei man dem gegenüber nicht abgeneigt. Am liebsten wäre allen, es würde einfach so weitergehen wie früher, und keiner müsste gekündigt werden. Nur: Wenn das vorher schon nicht ging, warum soll das nach der Pleite plötzlich gehen? Weil das die Deutschen so wollen? Das wird nicht reichen.

Insider sprechen davon, dass es seit je her zu Frank Stronnachs stillen Träumen gehöre, auch einmal eine echte Automarke zu besitzen. Ob das ausreicht, darf ebenfalls bezweifelt werden. Opel hat in den letzten Jahren selbst in seinen Kernmärkten Mitteleuropa an Marktanteil verloren, an Volkswagen in Deutschland, an Ford in Großbritannien, es ist nicht einmal sicher, ob es Opel überhaupt noch einmal schaffen kann, selbst wenn man dort die halbe Belegschaft kündigt. Aber so … schon haben zwei Magna-Hauptkunden, BMW und Volkswagen, laut darüber nachgedacht, nicht mehr beim nunmehrigen Konkurrenten arbeiten zu lassen. Und GM, in den USA blitzartig durch ein Insolvenzverfahren gezerrt und nunmehr, schuldenbefreit und neu gegründet, back in business, überlegen öffentlich, wie man den drohenden Know-how-Abfluss via Sberbank an deren Partner, den russischen Automobilkonzern GAZ, verhindern könne.

Aber es bleiben alle Arbeitsplätze erhalten.

Der britische Economist spricht von schweren Verstössen gegen europäisches Recht, erwähnt, dass Brüssel dem Deal noch lange nicht zugestimmt habe, und meint im Leitartikel dazu: Unter dem „allmächtigen Einfluss des Opel-Zentralbetriebsrat Klaus Franz“ habe die deutsche Regierung wohl „den Blick auf die industrielle Realität“ verloren. Das ist aber hübsch formuliert.

Nun könnte man das Ganze ja auch für eine der üblichen Steuergeld-Vernichtungsaktionen ansehen, mit denen sich Politiker allerorts ihr Überleben erkaufen, weil die Rechnung immer die nächste oder – mit Glück und wenn man noch eine Wiederwahl gewinnen will – die übernächste Regierung zahlt.

Schon möglich. Ich habe da meine eigene Theorie dazu.

Unter den gegebenen Umständen wäre es wirtschaftlich am klügsten gewesen, Opel einfach pleite gehen zu lassen, wie Mutter GM. Dann wäre man all die lästigen Arbeitsverträge elegant los geworden, und Opel, in Verbund mit einer neuen GM oder einfach an einen Dritten mit Pütt und Pann verkauft, hätte reelle Überlebenschancen.

Das war politisch nicht drin. Also macht man was (politisch) Kluges: Man schenkt den Arbeitgebern – statt ihrer finanziellen Ansprüche – einfach einen Anteil an der Firma, und wenn die dann den Bach runtergeht, dann sind die Arbeiter selber dran schuld, weil ja als Eigentümer mit verantwortlich.

In den USA gehören die neuen GM jetzt ja auch mehrheitlich den Fonds jener Arbeiter, deren Krankenkassen- und Pensionsforderungen die alte GM in die Knie gezwungen hatten. Also hält jetzt die neue, quasi mehrheitlich arbeitereigene GM 25 Prozent an „Opel Neu“, 20 Prozent bekommen die Opel-Arbeiter, die restlichen 55 Prozent gehen an das Magna-Sberbank-Konsortium, die dürfen das jetzt endgültig in den Boden fahren.

Selbst die Sberbank bekommt schon erste kalte Füße und überlegt öffentlich, ihren Anteil am Deal möglichst schnell wieder los zu werden.

Aber Tante Angela hat die Wahl gewonnen.

Abschließend lässt man noch schnell ein Gutachten erstellen, das dem Konzept der Austro-Kanadier „erhebliche Risiken” bescheinigt und den Sanierungsplan als „nicht besonders robust“ bezeichnet, dann ist man auch aus dem Schneider, wenn es denn schief geht. Oder so ähnlich.

Wenn die Russen so zu neuester deutscher Automobiltechnologie kommen, hätte ja selbst das schon Tradition: Nach dem Krieg erzeugte GAZ den Moskwitsch viele Jahre lang nach den Plänen von Opel, die die Rote Armee 1945 in damaligen Nazideutschland beschlagnahmt hatte.

Die Dummen dabei sind, in Reihenfolge, der deutsche Steuerzahler, den der Spaß 4,5 Milliarden plus Zinsen (mindestens) kosten wird; die Arbeiter in den Opelwerken von Spanien, Belgien, England und Deutschland, die ihre Jobs so sicher zur Gänze verlieren werden; und wir Österreicher, weil sich wieder einmal einer von uns weltweit blamieren wird. Schließlich hat Frank Stronnach bei den Verhandlungen, vor allem gegenüber den Deutschen, immer wieder seine österreichische Abstammung herausgehängt. Na ja. There’s a sucker born every minute. Die Börse jedenfalls honorierte den Deal mit deutlichen Kursverlusten.

Wer weiß: Vielleicht ist das ganze ja nur eine weltweite Verschwörung, uns Ösis wieder einmal als die Superdoofen darzustellen. Zuzutrauen wäre es ihnen ja … *duckundweg*

3 Antworten auf „Warum der Opel-Deal von Magna völlig irreal ist.“

  1. interessanter text, der einiges aufkärt. und natürlich geschieht das alles nur, um die österreicher zu blamieren, so wie es gehört, mit einem wunderwuzi („austrokanadier“). lustig.

  2. Здравствуйте,дамы и господа. Сегодня всем нам показали эмблему надвигающейся в 2014 году Олимпиады, и я конечно не могу себе отказать в удовольствии нафлудить тут у Вас… 🙂
    Итак, практически по всем каналам промчалось данное известие, как подобает, с наивысшей степенью ПиаРа. Сам президент показал нам логотипчик, замутили пресс-конференцию, на Первом забабахали концерт, ну и конечно, рекламные тизеры о нашей необыкновенной Олимпиаде.
    При этом как то на второй план отошла сама картинка, что будет красоваться на флагах, шарфиках, и прочей сувенирной продукции через 4 года. А хотелось бы остановиться на ней поподробнее. Если честно, когда увидел, был немного разочарован. Сложилось такое ощущение: сидят значит наши организаторы Олимпиады, и тут один вскакивает с дивана и кричит „мужыки, нам ведь завтра эмблему в Олимпийский коммитет надо отсылать“. Начинается кипиш, но не долго думая наши функционеры садятся за ближайший комп, набирают незамысловатым шрифтом текст Sochi2014 (конечно же по английски) добавляют затёртое .RU А чтобы не заморачиваться с графикой, в поисковике находят олимпийские кольца и впихивают их рядом с этой надписью в фотошопе 🙂
    Ребят, просто нет слов! Всё могу понять: кольца, название города, год проведения, но где тут фишка??? та, чтобы цепляла. Где нестандартные дизайнерские решения? Взять к примеру лого той же прошедшей Олимпиады 2006 года в Турине, где изображен силуэт “Моле-Антонеллины”, который нельзя перепутать ни с чем. Он плавно переходит в изображение горы, окруженной кристалликами льда, на которой снег сливается с небом. Кристаллики переплетаются между собой, образовывая сеть: сеть новых технологий и вечного Олимпийского единства.
    Я вот совсем не понимаю, зачем нам нужно это .RU Посещаемость сайта решили повысить? так я думаю он и без эмблемы имел бы посетителей. К тому же официальный сайт олимпиады будет на английском и явно не в зоне RU. Да и вообще на фоне продвижения государством доменной зоны RF, как то уже начинаешь привыкать к мысли что зона RU вскоре станет „устаревшей“ чтоли, а то и вообще сгинет как пережиток прошлого..
    ЗЫ То ли ещё будет, весной талисман нужно миру показывать..
    ЗЗЫ Простите за эмоции, высказался, успокоился.. 🙂 А может не так уж он и плох? 🙂

  3. А вот знаете что z подумала.
    Десять дней на Новогодние праздники – это очень много. Сначала конечно обрадовалась, что одыхать так много будем. А вот как вспомнила прошлогодний опыт, и позапрошлый. Так что-то передумала. Сами посудите, ни денег, ни здоровья не хватит. Опять головная боль, опять лишние калории, и опять весь год хождения в спортзал насмарку.
    Ну что хихикайте? я не права??

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