Analyse einer Erregung oder Wir basteln uns einen Shitstorm II ff

Versuch der argumentativen Analyse bzw. Entgegnung(en) auf jüngste Ereignisse rund um das Thema „Zauberwald“.

Anmerkung: Dieser blog ist öffentlich, ebenso wie die Foren der Piratenpartei. Quotes von dort werden daher hier zitiert, persönliche mails, wie weit auch immer mit cc: und bcc: vertagged, werden aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zitiert, ebenso Namen der Betroffenen, sofern sie kein oder zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Textes nicht mehr Mitglied der Piratenpartei Österreich sind.

Die Diskussion im Forum.

Es ist immer wieder schön zu sehen, wie man für verschiedene Themen innerhalb unserer Partei die verschiedensten Verbündeten findet. Ich halte das für einen sehr hübschen Beweis unserer liberalen Grundhaltung und freu’ mich aufrichtig darüber.

Am 05.01.2013, 11:43 Uhr, schrieb andre <andre@forum.piratenpartei.at>:
>> 6581 schrieb: 

>> Also von außen betrachtet hätte eine offizielle Abstimmung (entweder
>> per Liquid Feedback oder am Landesparteitag) so einen Disput vermieden

> Wozu der Konjunktiv? Die Meinungsbilder gibt es.
https://lqfb.piratenpartei.at/initiative/show/1712.html
> Dieses Meinungsbild ist abgeschlossen und mit über 80 Prozent dann doch
> recht eindeutig.

Ja stimmt. Ich habe gemeint wenn man natürlich ganz im Vorhinein so eine Abstimmung macht. Aber genau dadurch entstehen ja die Fehler. Es wird keine Abstimmung gemacht, sondern es werden irgendwie ein paar Leute gefragt und nachher ist der Schaden da. Ist jetzt aber natürlich nicht Deine Schuld.

Nachdem sich Deine Reaktion also auf diese Umfrage stützt nehme ich meine vorige Meinung dazu zurück. Im Gegensatz zur ursprünglichen Aktion hat sich diese Reaktion immerhin auf etwas gestützt. Parteischädigend fand ich sie sowieso nie (da der Vorwurf ja offenbar Dir gegolten hat).

> Auch ohne die Hintergründe zu kennen ist Deine Analyse relativ auf den Punkt.

Danke. Nun, ich habe Dir gegenüber ja kurz in Graz die Problematik angesprochen, die ich mit diesen Orts und Landesgruppen sehe: Bevor die Leute in einen Arbeits- oder Diskussionsprozess eingebunden werden, wird ihnen nahegelegt eine Ortsgruppe zu gründen. Die haben dann eigentlich noch nicht mal ein klares Bild wofür die Piraten eigentlich stehen. Wenn dann noch die Diskussions- und Kritikfähigkeit fehlt (die ja nicht erprobt wurde und gerade bei einem LV ja vorhanden sein sollte) dann geht der Spaß (unqualifizierte Beschimpfungen, diffuse Anschuldigungen, kampf gegen „den Bund“ etc., ohne Bemühungen die Lage zu verstehen) bei der ersten gröberen Meinungsverschiedenheit los.

Und damit meine ich jetzt u.a. ganz konkret solche indiskutablen Posts:
https://forum.piratenpartei.at/showthread.php?tid=1926&pid=11848#pid11848
https://forum.piratenpartei.at/showthread.php?tid=1926&pid=11307#pid11307

end quote

Ausgangslage: Man wirft mir parteischädigendes Verhalten vor, denn ich hätte unter anderem eine Spitzenkandidatin und zwei Landesvorstände „vergrault“, i.e. seien sie „wegen meiner“ zurückgetreten, wie alle drei in ihren Rücktrittsmails formuliert haben.

Dem gegenüber ist erstens grundsätzlich festzuhalten, dass ein frisch gewählter Landesvorstand, der beim ersten Konflikt das Handtuch wirft, kein guter Landesvorstand ist (respektive war). Konflikte sind in dieser Position unvermeidbar, so was muss man aushalten können.

Zweitens habe ich niemals, zu keinem Zeitpunkt, irgendjemand zu einem Rücktritt aufgefordert, im Gegenteil, sofern ich es noch konnte, habe ich immer laut und deutlich von einem Rücktritt abgeraten, aus eingangs erwähnten Gründen.

Bleibt noch die Analyse meines Handelns.

Vorausschicken darf ich, wie ganz oben schon einmal angeführt, Kenntnis vom Meinungsbild

https://lqfb.piratenpartei.at/initiative/show/1712.html

Darin sprechen sich, bei deutlicher Überschreitung des Quorums, 87 Prozent der Mitglieder für folgende Aussage aus:

Die Piratenpartei distanziert sich deutlich von esoterischen und pseudowissenschaftlichen Praktiken. Wir wollen Kontakt zu derartigen Gruppen und Organisationen meiden.

Begründung

Esoterische und pseudowissenschaftliche Praktiken bzw. Gruppen und Organisationen, die auf derartige Praktiken zurückgreifen, diskreditieren uns.

Ich halte das für eine klare Aussage dazu, dass die Piratenpartei sich als laizistisch versteht und das auch bleiben will.

Jetzt zu den Ereignissen:

Grundsätzlich habe ich unserem Landesvorstand (sowohl dem vorigen, der seit der Gründung bestand, als auch den jetzt zurück getretenen LV) vorgeworfen, sich nicht an die Grundregeln unserer Partei zu halten. Seit Gründung im vergangenen Herbst hat eine einzige (!) LV-Sitzung korrekt stattgefunden, will heißen angekündigt, im Mumble gestreamed und anschließend protokolliert. Neben dem offenen GO-Verstoß ergibt/ergab das völlig intransparente ad-hoc-Entscheidungen, wenn überhaupt. De facto gibt es seit der Gründung der LO Kärnten im vergangenen Herbst keine einzige korrekte, protokollierte, nachvollziehbare Entscheidung.

In diesem Konflikt hat die Basis am 16. Dezember des Vorjahres entschieden, indem sie exakt diese Vorstände erneut gewählt hat.

Darauf hin habe ich jede weitere Handlung diesbezüglich eingestellt und alles „passieren“ lassen, ohne Zu- und Widerspruch. Unter anderem auch die Wahl von Monika Welik als neuer Vorstand. In ihrer ersten Wortmeldung vor der GV betonte sie eindeutig „ich habe eine energetische Ausbildung“ und bot jedem von uns an, ihm „zu helfen“. Vielleicht hätte ich da schon etwas sagen sollen, diesen Vorwurf muss ich mir gefallen lassen.

Auch das vorgestellte Projekt „Zauberwald“ ist eindeutig ein rein esoterisches Projekt. Aufforstung per se ist in Österreich kein ökologisches Ziel, da der österreichische Waldbestand seit Jahren beständig wächst. Auch die in der Projektvorstellung behauptete drohende Bepflanzung als Fichten-Monokultur (Brotbäume) ist nicht real, da selbst die stursten Holzbauern Kärntens inzwischen, dank heftigstem Käferbefall, begriffen haben, dass Monokultur bäh ist; die Landwirtschaftskammer propagiert schon seit längerem den klassischen Mischwald. (Alle meine Nachbarn sind Holzbauern, außer einem, der ist Tischler. Erzählt mir was über Holz.) Jedenfalls ist auf der ganzen Seite „Zauberwald“ keine einzige andere Organisation verlinkt (außer PayPal), keine ökologische Zertifizierung, nichts davon. Fragt wahllos $irgendeinen Ökomenschen aus Österreich, er wird euch antworten, dass „Aufforsten“ jetzt nicht so das dringende Ökoproblem Österreichs ist. Möglicherweise ist deshalb auch keiner verlinkt.

Ganz abgesehen vom Umfeld der Seite – das wurde ja schon von anderen thematisiert.

Dass Monika basisdemokratisch einen (den?) Vorstand befragt hätte, ist ebenso nicht wahr, denn erstens sind zwei BV keine qualifizierte Mehrheit und zweitens ist ein Beschluss eine definierte Sache, wöchentlich, in der BV-Sitzung, nachher protokolliert, vorher eingebracht. Zwei BV „im Vorübergehen“ fragen ist von basisdemokratisch ganz weit entfernt.

Daneben gab es sofort die nächste Initiative im lqfb

https://lqfb.piratenpartei.at/issue/show/799.html

extra zu diesem Anlass eingebracht. Das Meinungsbild ist zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Textes noch nicht abgeschlossen, aber dennoch ähnlich eindeutig wie das bereits oben erwähnte, ältere & abgeschlossene: Nein, die Partei will das nicht.

Ich habe die Entwicklung dieses Meinungsbildes eine Woche lang verfolgt und dann meine Entscheidung als BV getroffen, den Verantwortlichen für diese Website erst einmal um die Entfernung des Logos zu bitten, um anschließend auf der anstehenden LGV (Samstag, 12. Jänner 2013) eine entsprechende Diskussion zu initiieren. Schließlich können wir uns in der LO Kärnten ja nicht einfach so offen gegen die Bundespartei stellen, das ist satzungs- und statutenwidrig. Oder wir müssen zumindest darüber öffentlich diskutieren, möglichst vor der gesamten Basis. Also LGV.

Mehr habe ich nicht gemacht, alle übrigen Ereignisse sind der Eigendynamik zuzuschreiben, die derartige Auseinandersetzungen bekommen. Die Analyse von 6581 ist da voll auf den Punkt: Es werden lokale Strukturen gefördert und, da wir so knapp an Personal sind, unbeschaut in die Realität entlassen, ohne Kenntnis was ein Pirat genau ist resp. sein soll/möchte, um welche Werte es da geht und was wir explizit nicht wollen.

Zum Beispiel uns in irgendeinen religiösen Bezug einzumischen. Sonst bringe ich morgen den Programmantrag ein, im Namen der Piratenpartei in Jad Vashem Bäume in Erinnerung an die Ermordung Kärntner Juden zu pflanzen. Oder, noch besser: Einen vom Imam gesegneten Erinnerungshain an die ermordeten Muslime von Srebrenica.

Alles sehr ehrenvoll, alles nicht wirklich laizistisch, alles nicht als Programmpunkt für die Piratenpartei geeignet.

„Zauberwald“ war aber als Programmpunkt für die kommende Landtagswahl angesetzt. Und bevor es zu einer Abstimmung auf der LGV kommt, wollte ich den „fait accomplit“ (dass das Sponsorlogo dort stand ohne einen entsprechenden Beschluss) korrigieren.

Das ist auch erfolgt, dass darauf hin alle Beteiligten den demokratischen Diskurs verweigern und beleidigt zurück- bzw. teilweise gleich austreten, ist in der Partei leider traurige Tradition, aber dennoch so. Alles, was ich wollte und will ist eine basisdemokratische, GO- und statutenkonforme, inhaltliche Diskussion über das, was wir Piraten den Kärntner Wählern am 3. März (Das ist in sechs Wochen!) anbieten.

Das als parteischädigend zu bezeichnen finde ich frivol bzw. beschämend, je nachdem wie lustig wir dabei sein wollen.