Na na na na na na oder Warum das mit der Musikindustrie möglicherweise so ist, wie es ist.

Im vergangenen November las ich in wired magazine (cooler site!) einen Artikel zum Thema Musikdownloads. Darin argumentiert Autor Paul Boutin, dass es ab sofort eigentlich unmoralisch wäre, weiterhin Musik gratis aus dem Netz herunter zu laden. Als Begründung gab er an, wir hätten gewonnen. Den Krieg mit der Musikindustrie, nämlich. Schließlich gäbe es heute jede Musik zum Kaufen, billigst, 99 Cent per Song, bei Apple oder Amazon, ganz ohne DRM oder sonstigen digitalen Eiterbeulen, damit finanziert sich kein Musikboss mehr den neuen Jaguar. Und es sei eigentlich unmoralisch, so Boutin, nicht einmal einen lumpigen Dollar für einen Song zu bezahlen, der einem so gefällt, dass man ihn tatsächlich aus dem Netz ziehen und auf seinen iPod laden will, schließlich wolle so ein Künstler oder eine Künstlerin auch was verdienen. Und wir wären doch, als der große Downloadboom aus dem Netz begann, ja nur erbost auf die Herren in den dunklen Anzügen in den oberen Etagen gewesen, „the boys upstairs“, wie sie Tom Petty in „The Last DJ“ nennt. Und da wir diese ja nun besiegt hätten und es überall billigst DRM-freie Musik zum legalen Download gäbe, sei Klauen, auch in digitaler Form, eigentlich pfui.

So was trifft mich, schließlich schreibe ich Bücher und beziehe dafür auch Tantiemen. Gewissen und professionelle Selbstachtung mahnen zur Solidarität, also nahm ich mir die Angelegenheit zu Herzen und erwerbe seither meine Downloads im iStore, oder wie das Dingens heisst.

So etwas kann einem das warme Gefühl geben, wieder einmal das Richtige zu tun und damit im Einklang mit sich und der Welt im Hier und Jetzt zu sein.

Wenn es denn so einfach wäre.

Ich habe einen eklektischen Geschmack und stehe auf die Steve Miller Band, ein kalifornischer Haufen aus den späten Sechzigern, der eine Reihe von klassischen Pop-Rock-Gasssenhauern – egal, ich muss hier nicht meinen Musikgeschmack argumentieren. Ich will also eine bestimmte LP von denen erwerben.

Mein iTunes Store hat diese LP nicht. Er hat zwar jede Menge von der Steve Miller Band, aber just das, was ich will, hat er nicht. Und Amazon hat es auch nicht im Download.

Tante Gurgel, die allwissende Müllhalde, die ich daraufhin mit „Steve Miller Band“ und dem Titel der LP sowie dem magischen Wort „download“ füttere, belehrt mich, dass es diese LP sehr wohl als Download gibt, bei iTunes ebenso wie bei Amazon. Nur,  wie ich nach wenigen Klicks erfahren darf, nur in den USA. „This title is not available in your country“. Nicht mal „leider“ steht dort. Und eine Begründung schon gar nicht. Schmecks.

Ich habe eine volle Woche damit verbracht, diese „§$%&/()! LP legal per Download zu erwerben, aber das einzige, was ich fand, war ein obskurer Website, der als Impressum nur einen .ru-eMail-Kontakt anbot, dafür aber nicht einmal Paypal hatte, dort wollte ich meine Kreditkartendetails dann doch nicht lassen. Und das war’s dann. Gegen 39 Eumels bot mir Amazon eine echte LP an (vielleicht zum selber digitalisieren, per Audacity?) und für 29 Eumels eine CD, Lieferzeit irgendwann. Nein, das war es nicht, was ich wollte. *grmbl*

Heute Nachmittag habe ich entnervt BitTorrent angeworfen und innerhalb von zehn Minuten das gewünschte auf die Festplatte bekomme, in 320Kbps-Qualität und ohne weitere Probleme.  Und natürlich für lau.

Lieber Herr Steve Miller (den gibt’s, der heißt tatsächlich so), Sie sollten mal mit Ihrem Management reden, die haben offenbar bis heute nicht wirklich gerafft, was tatsächlich abgeht.

Oder so ähnlich.

Und denen von wired magazine sollte man eigentlich auch ein erbostes Lesermail schreiben, allerdings ist das jetzt auch schon wieder eine Weile her, außerdem „Who Wants Yesterday’s Papers?“ Also wird man auch das bleiben lassen.

Und wieder nix mit gutem Gefühl und Einklang mit dem Karma.

Aber warum es der Musikindustrie nicht so gut geht, das ist mir schon klar.

 

3 Antworten auf „Na na na na na na oder Warum das mit der Musikindustrie möglicherweise so ist, wie es ist.“

  1. Der ist einfach und hat relativ wenig mit dem Herrn Steve Miller selbst zu tun: Das Problem sind die Rechte, die überall auf der Welt verstreut sind und dem digitalen Zeitalter und seinen Anforderungen nicht mehr entsprechen. Weil man eben nicht zentral sagen kann, ich stell das jetzt in den Store, weltweit. In jedem Land hat wer anderer die Hand drauf und jeder muss extra gefragt werden und die einen sind cooler und sagen ja, die andern wissen nicht mal, worum es eigentlich geht. Und so schaut das dann eben aus: Dass man im großen Binnenmakrt USA vieles schon lange kaufen kann, was in Europa Jahre dauert. Daran scheitern zb. auch Filmdownloads/Streams zu großen Teilen.

    Die große EU hat das grundsätzlich richtig erkannt und will den Markt vereinheitlichen, damit es Dienste wie Spotify auch bei uns geben kann (ganz zu schweigen von in absehbarer Zeit). Die Musikindustrie hat natürlich bereits ihre Lobbydienste angeworfen und schießt mit Klagen über entgangene Umsätze/hungernde Künstler/Manager, die nicht den neuesten Jaguar fahren … ähhh verlorene Innovationen auf alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Frankreich hat hervorragend vorgezeigt, was man so machen kann, wenn man gut Freund mit dem Messieur Le President ist. Ein Three Strikes out hat sich auch Großbritannien schon stehen lassen. Gemeinsam mit den USA wollen diese beiden übrigens ein „zivilisiertes“ Internet. Was immer das auch sein mag (auf jeden fall mit Copyright.)

    Und so werden wir in 10, vielleicht schon in 5 Jahren zwar alle alles überall kaufen können, im Gegenzug werden wir dafür unsere Rechte im Netz aufgegeben haben. Was nicht im Kampf gegen „Piraten“ gefiltert wird, muss nach Kinderpornos (Totschlagargument) durchforstet werden. Zum Wohle der Gesellschaft.

    Ganz ehrlich? Da kauf ich mir lieber die CD und digitalisier sie, echt. Die Zivilgesellschaft wird den Kampf gegen die Großkonzerne nicht gewinnen (may i be proven wrong). Und wenn ich mir anschaue, was sich jetzt schon alles in Stellung bringt und wie, dann wird das so oder so auf alle Fälle ein harter Kampf werden.

  2. Wildkatzen
    Ich mach mir um die Musikindustrie keine Sorgen. Denn was es heutzutage nicht mehr gibt, sind Künstlerverträge auf eine Bestimmte Anzahl von Produktionen.
    Da hat man als Künstler Geld bekommen und musste dafür, sagen wir mal, fünf LP (Das waren/sind die großen Schwarzen Dinger) abliefern. Die Plattenfirma hat auch als Vertrieb fungiert und das ganze dann Promotet, was auch was kostet. Der Künstler hat im Gegenzug einen Teil seiner Rechte hergegeben (die Vertriebsrechte; in Österreich 40%). Das heißt das sich Künstler und Plattenfirma jeden Gewinn aus dem Verkauf und dem Airplay 60 zu 40 aufgeteilt haben. Das war ein recht nettes System. In Wahrheit nicht ganz so einfach, aber doch zirka so. So viel dazu.

    Die Plattenfirmen haben die Entwicklung der neuen Medien verschlafen. Und so konnte Napster groß werden und die ganzen Torrents, die gibt’s noch immer, und der iTunes Store, der im Grunde ein legaler Torrent ist. Jetzt machen die Plattenbosse keinen Gewinn mehr. Und Steve hat die Bosse am falschen Fuß erwischt und uns somit im Großen und Ganzen des DRM entledigt und sogar noch die Beatles auf seine Seite gezogen (Wann wird der Mann heilig gesprochen?).
    Was bleibt sind Plattenfirmen, die „Künstler“ aus der Retorte erzeugen. Mit totaler Kontrolle über alles. Der Rest der Redlichen, der seine Musik gratis ins Netz stellt, in der Hoffnung wahrgenommen zu werden, denn dann nimmt ihn vielleicht eine Plattenfirma unter Vertag – für’s Marketing. Die Produktionskosten hat er schon selbst finanziert. Fein, dann bleiben der Plattenfirma die 40 Prozent. Also doch neuester Jaguar! Tja, und der Konsument, der — wenn man’s hochrechnet — für den Download eines Albums fast so viel Bezahlt wie für eine richtige CD. Allerdings ohne Jewelcase, Booklet und wirklich guter Tonqualität.

    Aber Schluss mit dem Gejammer. Sieger ist erst einmal der Konsument (Sofern man den Verlust der Tonqualität nicht berücksichtigt). Die Künstler sind ja Kreative, und als solche finden sie in der weiten Welt des Webs Möglichkeiten sich Gehör zu verschaffen. Zugegeben leichter ist es für sie nicht geworden.
    Und die Plattenfirmen, die man Jetzt auch bei uns Labels nennt, weil Plattenverkauf der geringste Teil Ihrer Arbeit ist, sind zu Promo-Agenturen mutiert.

    Und wenn das Netz zu gut überwacht wird werden wir die Musik einfach auf Tonbandkassetten unter der Hand handeln.

  3. So ähnlich läuft es doch auch bei den Filmen. Ich habe z.B. einen nicht unvermögenden Kollegen, der würde im Leben nicht in’s Kino gehen. Er fragt sich des öfteren, warum er nicht die neusten Filme zuhause schauen darf.
    Schaut er halt illegal – das geht…

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